Sonntag, 8. September 2013

Sauerteig macht lustig!



Nicht so richtig Sauerteig, sondern ein Ciabatta mit Poolish. Braucht aber auch Zeit.

Jesus, die Männer und das Backen


Jesus stammte ja bekanntlich aus einer Familie von Zimmerleuten, allerdings scheint er auch Ahnung vom Backen gehabt zu haben, zumindest lässt das klitzekleine Gleichnis in Matthäus 13,33 entsprechendes Interesse erkennen:



Das Himmelreich gleicht einem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter einen halben Zentner Mehl mengte, bis er ganz durchsäuert war.



Ich glaube ja, dass es von Bedeutung ist, dass Jesus hier eine Tätigkeit als Beispiel nimmt, die in der antiken Gesellschaft den Frauen in den Privathäusern vorbehalten und kaum akzeptables Gesprächsthema von „richtigen“ Männern in aller Öffentlichkeit gewesen sein dürfte. Aber das alles führt jetzt doch ein wenig ab vom Thema – oder doch nicht?



Jedenfalls: Sauerteig. In Schweden ist das, maßgeblich vorangetrieben von profilierten Foodbloggern wie Martin Johansson, so ein Koch- und Backtrend der letzten Jahre gewesen, bei dem vor allem junge Männer (dortzulande liebevoll als surdegspapporSauerteigpapas bezeichnet) ihren eigenen Sauerteigansatz hegen und pflegen und die Familie mit selbstgebackenem Brot und einer versauten Küche beglücken. Ich gehöre selbst zu der Fraktion und bin fest davon überzeugt, dass ich, wenn ich einmal ungeplant früh das Zeitliche segnen sollte, bei einer Mehlstaubexplosion mit meiner Küche in die Luft fliege.



Manchmal frage ich mich, was am Brotbacken eigentlich so toll ist, dass ich manchmal wöchentlich besagte Mehlstaubexplosionen riskiere, meine Küche mit zementartigen Teigresten zukleistere, meinen Tag nach Gärzeiten plane und den Ofen mit Backsteinen zerkratze? Ein bisschen Snobismus ist sicherlich dabei, da brauche ich gar nicht so tief in mich reinzuhorchen, um das zu wissen. Es hebt in den Milieus, in denen ich mich freizeitlich bewege, schon den sozialen Status, wenn man mit nonchalanter Selbstverständlichkeit erwähnt, dass man sein Brot selber backt. Und zwar nicht mit Backmischungen oder (noch schlimmer) Brotbackautomaten – das ist wie Karaoke oder Vollplayback in der Küche -, sondern so richtig-richtig. 

Die bewundernden Oh’s und Ah’s, die man damit erntet, haben wiederum damit zu tun, dass Selbermachen im Trend liegt. Laut Hanni Rützler, Ernährungswissenschaftlerin am Wiener Futurefoodstudio, weil wir in unserer volldigitalisierten Lebens- und Arbeitswelt das Handfeste und buchstäblich Hausgebackene wiederentdecken. Deswegen verschenken wir Holundersirup und laden unsere Marmeladenkochfotos bei Facebook hoch. Ich glaube, beim Brotbacken verstärkt sich das alles um ein Vielfaches, weil man hier das befriedigende Gefühl bekommt, den gesamten Produktionsprozesses eines Grundnahrungsmittels, das wie kein anderes in unserer Gesellschaft für Essen überhaupt steht, von Anfang an selbst in der Hand zu haben. Und während Chili-Knoblauch-OIivenöl, Bärlauchpesto und Pflaumen-Koriander-Marmelade ausgesprochene Luxusgüter sind, ist so ein gutes Graubrot, wie Oma sagen würde, „was Reelles.“ 

Dass gerade Männer für den Sauerteigtrend sehr anfällig sind, mag an der Art der Herstellung liegen: Wer, wie ich, fürs Filigrane nicht geschaffen ist, hat eben mehr Spaß an einem groben Roggenmischteig, bei dem man nicht alles bis aufs Gramm genau abwiegen muss, der aber eine gute halbe Stunde geknetet werden will, dicke Unterarme macht und aufgrund seines Symbolcharakters den Eindruck vermittelt, man könne sich und die Seinen mit der eigenen Hände Arbeit ernähren. Und wenn dann das dampfende, duftende Brot aus dem Ofen kommt und das Brotmesser sich durch die dunkelbraune Kruste und das luftig-weiche Innenleben arbeitet, hat man eine willkommene Gelegenheit, für den Moment alle Diätvorsätze über den Haufen zu werfen und sich drei daumendicke Scheiben mit guter Butter drauf reinzuziehen – was so ursprünglich und wohlschmeckend ist und sich so bodenständig und richtig anfühlt, kann ja gar nicht ungesund sein. 

 

Ab Montag: Die Sauerteig-Challenge!



Wer immer schon mal selbst Brot backen wollte, aber nie wusste, wie das geht, ist hier genau richtig, denn die nächste Woche bei den Kirchengeschichten steht im Zeichen der Sauerteig-Challenge! Ich lade Euch ein, mit mir einen Sauerteig from scratch herzustellen und parallel dazu ein paar Gedankenspielen nachzugehen, was das eingangs erwähnte Gleichnis vom Sauerteig mit dem praktischen, handfesten Leben im Hier und Jetzt zu tun haben könnte. Und mit dem wahnsinnigen und immer wieder gewagten Versuch von Menschen, hier in dieser Welt gemeinsam ein bisschen Himmelreich zu spielen. 

Am Montagmorgen geht es los mit den ersten Schritten eines Sauerteigansatzes. Dazu braucht man warmes Wasser und Roggenmehl (ruhig und gerne Vollkorn). Ein ausgespültes Gurkenglas oder ähnliches. Und maximal zehn Minuten Zeit. Das Ganze ist also auch ohne Probleme in einer normalen Fünftagewoche machbar. Und wer einsteigen will, kann heute noch bequem einkaufen gehen.

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