Donnerstag, 29. Mai 2014

Ein Text und sein Echo - Lk 2,1


Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde.

Religionsunterricht, 6. Klasse, bei der neuen Referendarin.

Referendarin:
"Du bist alle Welt. Du hast gehört: Du sollst geschätzt werden. Was macht das mit dir? Welche Fragen gehen dir dabei durch Kopf und Herz?"

Schüler:
"Schriftlich oder mündlich?!"




Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde.

Irgendein Experte aus der "freien Wirtschaft", der auf eine Synode, einen Pfarrkonvent, eine Kirchenleitungssitzung eingeladen wird, um mal "ganz bewusst die kirchliche Binnenperspektive aufzubrechen", "damit man nicht immer im eigenen Saft kocht".

Experte:
"Große Bewegungen brauchen große Entscheidungen! Und große Menschen, die Großes wollen! Wie viel Größe gesteht Ihre Kirche, Ihr Unternehmen, sich selbst zu?! Wie groß sind Ihre Führungspersönlichkeiten? Wie sehr wagen Sie, top-down zu entscheiden, einen Kurs vorzugeben, wenn es nötig ist?! Lassen Sie mich ganz provokant fragen: Wer bei Ihnen hat Eier genug, den Augustus zu machen und etwas anzuordnen?!"



Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde.

Weihnachtsgottesdienstlicher Baustein des Arbeitskreises "Genderbewusste Liturgie" der Evangelischen Akademie Butzenhausen.

"die zeit
die welt
zwei von mir
zwei von uns
zwei weiblichkeiten / die
ineinander fallend einander beschenkend /
dem handeln des einen
mannes
eine heilvolle
grenze setzen.
nicht er / augustus / sondern Sie:
die zeit
die welt
bringen sich in bewegung"



Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde.

Positionspapier der Kirchenleitung zum Thema "Organisation und Verwaltung"


"Auch in der Umwelt des Neuen Testaments sind statistische Erhebungen selbstverständliche Grundlage makroökonomischer Steuerung. Vom Kaiser unbeabsichtigt, setzt seine Anordnung eines Volkszensus zugleich die heilvolle Geschichte des Kommens Gottes zur Welt unaufhaltsam in Gang. Volkswirtschaftliches und behördliches Handeln erfährt so eine deutliche theologische und christologische Aufwertung. Als kennzeichnendes Leuchtfeuer sehen wir daher im Jahr 2030 auch die kleinen und großen Strukturelemente kirchlicher Verwaltung. Wie auch Augustus seine Volkszählung nicht begründet, so strebt auch die kirchliche Verwaltung in wohltuender, prophetischer Abgrenzung zur zwanghaften Effizienzsteigerung ihrer Umwelt nicht nach logischer Stringenz oder messbaren Resultaten, und predigt (Barmen III) demnach durch ihr So-Sein eine heilsame Ethik der Selbstgenügsamkeit."


Am zweiten Tag unseres Wittenberger Slam-Workshops standen Textproduktion und -redaktion auf dem Programm - immerhin sollte es abends in die Bütt gehen. Für Leute wie mich, die noch keinen blassen Schimmer hatten, was sie im CLACK-Theater auf die Bühne bringen sollten, gab es eine weitere Einheit mit Schreibimpulsen. Dabei sind einige nette Literaturstückchen entstanden, die unter "Wiedervorlage" einsortiert wurden. Eine der möglichen Übungen war das verfremdende Nacherzählen eines biblischen Textes. Ich habe es abgewandelt und nenne das Ganze TEXTECHO und fantasiere ein paar Stimmen zu einem Bibeltext oder einem einzelnen Vers zusammen. Im vorangehenden Beispiel mit satirischen Untertönen - aber ich könnte mir vorstellen, das auch zur Predigtvorbereitung zu benutzen, quasi imaginäre Gesprächspartner_innen auftreten zu lassen, so ein bisschen was wie ein Bibliolog mit mir selbst. 

2 Kommentare:

  1. Herrlich, ich lach mich schlapp! Hat das Predigtzentrum seine Arbeitsmethoden für so kreative Produktionen eigentlich schon irgendwo publiziert?

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  2. Danke! Und... äh... also, DIE Methode ist meine, und die ist ja hiermit publiziert ;-)

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